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Liebe Frau Susi! ein paar Impulse sind mir beim Lesen Deines Textes gekommen:

Wikipedia zu Selbstgerechtigkeit: "Unter Selbstgerechtigkeit versteht man den Habitus von Personen, die sich gewohnheitsmäßig mit anderen vergleichen und dabei immer wieder zur Überzeugung gelangen, dass sie selbst die Sitten strenger einhalten als die anderen". Mir kommt vor, dass gerade wir "Westler" nach den unermesslichen Grausamkeiten, die wir auf der ganzen Welt seit Jahrhunderten begangen haben (nur als kleines Beispiel in der Kolonialzeit) nun nur oft zu gerne den moralischen Zeigefinger erheben, sei es gegenüber Putin, Bolsonaro, Afrikanische Diktatoren oder andere, die Du als Höllenkandidaten eingeteilt hast. Selbst wenn es stimmen sollte, dass wir aus unserer Geschichte etwas gelernt haben sollten (was ich oft bezweifle), so unterliegen wir leicht der Gefahr, dass wir - frei nach Goethe - Teil der Kraft werden, die steht`s das Gute will und Bößes schafft. Eine Bekannte (Gemeinderätin der Grünen in einem Dorf) hielt es zum Beispiel bei der letzten österreichischen Bundespräsidentenwahl für völlig legitim, wenn man im Wahllokal Stimmen für Hofer verschwinden lassen hätte, weil es ja der guten Sache (Wahl von Van der Bellen) gedient hätte.

Du bist gelernte Juristin, aber "richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet. Denn mit welcherlei Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden..." (Matthaeus 7:1-5) sollte uns immer wieder zu denken geben.

Bitte mich nicht falsch zu verstehen: Natürlich heißt das für mich nicht, dass ich mich nicht für Belange, von deren Richtigkeit ich überzeugt bin, einsetzen soll. Doch seien wir vorsichtig, wen wir in die Hölle schicken und wen nicht!

Ich bin überzeugt, dass wir darauf vertrauen können, dass der Urgrund der Welt im Sinne von "Selig die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, denn sie werden satt werden" (Mt 5,6) letztendlich gerecht ist.

Anmerkung: Auch wenn ich hier zweimal Anleihen bei der Bibel nehme, halte ich sie (die Bibel) weder für unverfälscht noch bin ich Verfechter einer konfessionellen Kirche.

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