Letzten Samstag habe ich eine der besten Torten meines Lebens gegessen. Die Torte heißt Pavlova, ist ein Rezept von Donna Hay und wurde von meiner Freundin Daniela gebacken, die eine sehr, sehr gute Köchin ist. Ihr müsst wissen, dass ich an diesem Tag bereits ein Geburtstagsmittagessen mit Gulasch und Drumherum, einen Geburtstagskuchen am Nachmittag mit Five o'clock Tea und ein wunderbares, von Daniela gekochtes, Abendessen in mir hatte. Und dann diese Torte. Sie besteht aus Meringue als Tortenboden, jede Menge geschlagener Sahne und als Topping marinierte Erdbeeren, gemischt mit Passionsfrüchten. Ein Geschmackserlebnis der außergewöhnlichen Art. Noch ein Stück? Na klar.
Im Eifer der Begeisterung habe ich vergessen, die Torte zu fotografieren (das Bild hat Daniela aus dem Kochbuch fotografiert) und ließ auch das Rezept liegen. Aber ich bin fest entschlossen, die Pavlova selbst auszuprobieren. Und das heißt bei mir einiges. Ich bin keine Kuchen- und Tortenbäckerin. Die Geburtstagstorten für meinen Sohn hat früher meine Mutter gemacht oder sie wurden gut gekauft beim Lintner in Bozen. Hat bestens funktioniert. Jahrzehnte habe ich keine Torten gemacht. Das mag wohl damit zusammenhängen, dass meine Kochlehrerin bei den Ursulinen einmal zu mir gesagt hat: „Das mit dem Kochen und Backen, das wird wohl nichts bei Ihnen“. Sie hat mir das einzige Befriedigend ins Zeugnis gehaut, das ich damals hatte. Kochen in der Schule war für mich tatsächlich eine eher ungute Sache. Mir ist ständig schlecht geworden, weil die Zutaten qualitativ eher mau und viel zu üppig waren – mir wurde schlecht von Milch, zu viel geschmolzener Butter, ekeliger Margarine, geschmolzenem Fett, fettem Fleisch... Dann wollte mich die Koch-Pädagogin zwingen, meine Hände in Berge von rohem Fleisch, das für Fleischleibchen bestimmt war, zu stecken und das hat mich so gegraust, dass ich es verweigert habe. Die gute Frau hatte insofern Recht, als es die große Kochkarriere bei mir nicht geworden ist und rohes Fleisch greife ich bis heute eher mit spitzen Fingern an und koche überhaupt wenig Fleisch. Aber ich kann behaupten, ohne rot zu werden, dass ich ganz passabel koche. Vor allem achte ich auf gute Zutaten und da ich gerne gut esse, sind die Sachen, die ich fabriziere, auch meist gut, wenn auch nicht übermäßig aufwendig. Dabei habe ich Vorbilder. Meine Großmutter mütterlicherseits war eine exzellente Köchin, sie hat vor allem klassisch österreichisch-wienerische Gerichte gemacht und sie war eine phänomenale Kuchen- und Tortenbäckerin. Meine Mutter war kochmäßig viel kreativer als Oma, eine tolle Köchin, wenn auch einige Experimente, vor allem besonders gesunder Küche, mir nachhaltig in Erinnerung geblieben sind als weniger erfreulich.
In Bezug auf Kuchen und Torten weiß ich, wo ich einkaufe. In Innsbruck liebe ich die Konditorei Valier, feine belgische Backkunst kombiniert mit Tiroler Direktheit. Ich mag die Sachertorte vom Peter in Bozen, den Topfenkuchen von der Ultner Bäckerei, den Mohnstrudel beim Grandi, ich liebe die Topfen- und Apfelstrudel der Aida in Wien und einiges mehr. Da ich Biskuit nicht so mag und die hiesigen Kuchen-Künstler sehr viel damit machen, bin ich kein großer Fan der meisten Konditoreien hier. Die privat gebackenen Südtiroler Süßspeisen schmecken meist ausgezeichnet. In nachhaltiger Erinnerung sind mir die auf der Zunge zergehenden, fluffigen, zarten Schoko- Soufflés von Harti Mumelter. Einige der besten Kuchen habe ich letztes Jahr in der Nähe von Düsseldorf am Land gegessen, Topfen-, Früchte-, Apfel-, Meringue-, Mürbteig-Kombinationen vom Feinsten.
Auf diesem Backblech soll schon bald die Pavlova Platz nehmen!
Zurück zu meiner Back-Historie. Im Lockdown wurde meine persönliche Kuchenback-Blockade vorübergehend gebrochen. Meine Schwiegertochter to be hat in ihrer Youtube-Show (auf Portugiesisch, aber ich habs in den Deepl geworfen) ein Apfelkuchen-Rezept vorgestellt, das in mir den Wunsch auslöste, es nachzumachen. Apfelkuchen, Apfel-Tarte mag ich sehr. Francisca ist eine der jungen, frischen Food-Stimmen Portugals, hat mit ihrer Mutter ein phantastisches vegetarisches Lokal aufgebaut und macht derzeit den Slow Food Master in der Schule von Carlo Petrini in Bra. Ihre Rezepte sind bodenständig, gesund, schmecken ausgezeichnet und sind immer mit bestimmter Raffinesse. Kurz gesagt, ich hatte Vertrauen, dass das was werden kann.
Im ersten Lockdown haben Urban (mein Mann) und ich uns gemeinsam an ihren Apfelkuchen gemacht. Er war sehr gut. Dreimal haben wir das wiederholt. Dann wurde es wieder ruhig um meine Selbstback-Kuchenambitionen. Bis zu dieser Torte. Die Meringue gibt der Torte Struktur, ist crunchy und innen weich, die frisch geschlagene Sahne gibt gleichzeitig Substanz und Leichtigkeit und zergeht vor allem in Verbindung mit der Meringue auf der Zunge und der Geschmack der Früchte, süß und sauer im besten Verhältnis, gibt dem Ganzen Frische, Kontrast und Pep. Eine Geschmacksexplosion, die Fülle, Leichtigkeit, Sehnsucht, Genuss, Gegensätze und Freude zusammenbringt. So wie die Pavlova schmeckt, so würde ich mir das Leben wünschen. Jeden Tag.
Yours,
Frau Susi
Wenn das Rezept für ein gutes Leben nur so einfach wäre!
P.s. Was immer auch ein Erlebnis ist bei Danielas Abendessen: Der Tisch ist ein Gesamtkunstwerk, nie aus einem Guss, nonchalant und großzügig präsentiert, wunderschönes Geschirr aus aller Herren/Frauen Länder, mit Stil zusammengestellt oder – gewürfelt, die Gastgeberin entspannt und herzlich, der Gastgeber mit feinem Humor, der Wein reichlich und gut… Wer das alles kann, denke ich mir jedes Mal, hat viel vom Leben verstanden.
Was sonst noch so los ist:
Im letzten Sustainable Fashion Blog-Artikel spricht die Unternehmerin Elisabeth Tocca mit mir über ihren Anspruch innovative Lösungen für aktuelle Probleme in der Textilbranche zu finden und umzusetzen. Im nächsten Beitrag, der am Mittwoch online geht, steht dann die Plattform Fashion Revolution im Mittelpunkt, denn diese Woche ist Fashion Revolution Week.
Und am Freitag, 23.4. halte ich für die Volkshochschule Südtirol von 18.30 bis 20.30 einen digitalen Infoabend zum Thema „Mode im Wandel”. Zur Anmeldung geht’s hier.
Fein, so ein Backrohr auf größerer Höhe, da hast Du alles viel besser im Blick!
Den Geschmack der Torte erlebe ich schon bei Deiner tollen Beschreibung mit - schön ist das, denn anfangs dachte ich noch, was, über Torten schreibt Frau Susi heute, nicht gerade spannend -:)
Meine Tochter ist übrigens Gesellin beim Valier...
Demnach: Auf einen kulinarischen Genuss ebendort...