Letzten Sonntag, nach einem langen Frühstück, haben wir spontan entschlossen an den Gardasee zu fahren und dort eine kleine Wanderung zu machen. Der über dreißig Jahre alte Porsche meines Mannes musste seine Batterie dringend in Schwung bringen und etwas Abwechslung in die diesen Winter wochenends auf und ab gegangenen Hausrunden zu bringen war mir sehr willkommen. Im Auto sitzend habe ich darüber nachgedacht, wie schön doch individuelle Mobilität ist. Geplant oder spontan einfach wo hinfahren zu können. Ich liebe Bewegung, in jeder Hinsicht. Auch Tempo mag ich. Beim Autofahren, beim Gehen. Schon als Kind wurde ich dazu ermahnt, nicht wie ein Offizier zu gehen, mit zu großen Schritten. „Renn nicht so“, höre ich auch heute noch immer wieder. Dabei geht es mir weniger darum ein Ziel schnell zu erreichen, ich gehe einfach gerne „dynamisch“. Außer wenn es steil bergauf geht, da schleiche ich eher. Bei Staus werde ich relativ schnell ungeduldig, mein Mann nennt mich eine Stau-Hysterikerin (hatte ich das schon mal erwähnt?).
Mein sportlicher Ehrgeiz hält sich trotz Bewegungsdrangs in Grenzen. Das ständige schneller, höher, stärker, besser, mehr ist nicht meine Sache. Seit einigen Monaten haben wir ein Rudergerät und ich habe mir die verschiedenen Level nicht mal angeschaut, ich rudere einfach meine 10 bis 15 Minuten ohne Sonderherausforderungen vor mich hin und das passt. Bewegung macht mir einfach Freude. Eine Astrologin sagte mir mal, das hänge auch mit meinem Sternzeichen zusammen, der Widder als erstes Zeichen im Tierkreis sei ein Pionier und immer in Bewegung.
Dass die exzessive (individuelle) Mobilität jede Menge Probleme schafft ist leider eine Tatsache. Und natürlich mache ich mir darüber Gedanken. Seit dem ersten Lockdown bin ich nicht mehr geflogen. Wenn Rad statt Auto möglich ist, mache ich das. Aber ich hoffe sehr, dass (individuelle) Mobilität – klar, weniger exzessiv und vor allem klimaneutral(er) – noch lange möglich sein wird. Die Lockdowns haben mir gezeigt, wie wenig selbstverständlich Bewegungsfreiheit ist und wie wenig erfreulich das auf längere Sicht ist. Sich zu bewegen weitet den Geist, macht neue Begegnungen möglich, stärkt die Lebensfreude und inspiriert.
Die größte Herausforderung meiner angestellten beruflichen Zwischenspiele bestand darin, fast den ganzen Tag sitzen zu müssen. Ich habe zum Beispiel die Kopierer in anderen Stockwerken benutzt, um wenigstens Stiegen steigen zu können. Nicht dass ich so eine Zappelsusi wäre, die nie Ruhe geben und sich konzentrieren kann. Im Gegenteil. Aber zu langes Sitzen oder gefühlter Stillstand widerstreben mir. Auch ein zu statischer Tagesablauf. Es stumpft meinen Körper und Geist ab. Es macht mich unfroh und unzufrieden. Natürlich sitze ich immer noch zu viel. Aber ich suche nach Ausgleich. Derzeit fahre ich kaum Rad, ist mir im Winter zu kalt, dafür gehe ich zu den meisten Terminen zu Fuß. Ich fahre fast nie mit einem Aufzug, in größeren Städten benutze ich meist die normalen Treppen, nicht die Rolltreppen. Es lässt sich ja vieles ganz nebenbei einbauen.
Auch geistig in Bewegung zu bleiben ist mir wichtig. Derzeit lese ich das spannende Buch der Neurowissenschaftlerin Maren Urner „Raus aus der ewigen Dauerkrise. Mit dem Denken von morgen die Probleme von heute lösen“. Klingt etwas cheesy, das Buch ist aber überhaupt nicht so. Maren Urner gelingt es auf unglaublich gute, kompakte und nachvollziehbare Weise ihre Themen so auf den Punkt zu bringen, dass sie auch ankommen können. Alles beginne im Kopf, in unserem Gehirn, betont sie, eine Trennung von Geist und Körper, Herz und Verstand, gebe es nicht. Sie unterscheidet in ihrem Buch u.a. statisches von dynamischem Denken. „Der Treibstoff für dynamisches Denken ist die Neugier", schreibt sie. Das kommt mir sehr entgegen. Denn Neugier ist Bewegung. Mehr dazu gibt’s in einem der nächsten Newsletter, das Buch finde ich ist ein MUST.
Zurück zum Ausflug an den Gardasee. Geplant war eine eher gemütliche Wanderung, ich hatte wenig Lust auf steile Wege. Ich warne jeden vor Wanderungen mit uns, sie werden immer länger, anstrengender und steiler als geplant. Da der easy peasy Weg ziemlich bevölkert war, nahmen wir einen, der nach weniger Menschen aussah und der war dann auch wieder steil und lange… Soviel zu Plänen. Und am Rückweg standen wir eine Stunde im Stau, im Januar am Gardasee! Ich habe mich in Instagram vertieft und behielt meine Nerven. Die Bewegung jedenfalls hat gutgetan, das viele Sitzen heute war erträglicher.
Morgen fahre ich für den Tag mit dem Zug nach Mailand auf die Milano Unica. Weiter geht’s.
So long und bis zum nächsten Mal. Take care.
Yours,
Frau Susi
Und was noch?
Zwei Blog Posts sind seit dem letzten Mal erschienen: über die erfolgreichen Südtiroler Weltläden und über wiederholt getragene Outfits. Die Fair Trade Läden gibt’s hier und „Proud Outfit Repeater” hier.
Und da ich vor kurzem in Frankfurt auf der Frankfurt Fashion Week war, gibt’s dazu diese Woche auch einen Bericht darüber, geht am Mittwoch online auf meinem Blog.
Ja, die Wanderungen sind immer am spannendsten, wenn man nicht von vornherein weiß, wie anstrengend sie sind😁