#16 Evviva l‘Umbria
Frau Susi blickt auf einige Tage in Umbrien zurück und hat einige Empfehlungen für euch
Es ist Freitagvormittag, ich sitze im Zug von Perugia nach Florenz. Auf Grund eines Unfalls mit Verspätung, die dann von Florenz nach Bozen noch um einiges größer werden soll. Wobei ich hier mal eine Lanze für die italienischen Züge brechen möchte, sie sind zwar nicht immer die komfortabelsten und neuesten, aber meistens sind sie doch ziemlich pünktlich. Ich fahre gerne Zug. Man kann rausschauen, lesen, nachdenken, schreiben, essen oder arbeiten. Und in Zeiten des immer erlebbareren Klimawandels versuche ich, wenn möglich, Zug zu fahren.
Letzten Sonntag machten wir uns mit Freunden nach Perugia auf, ihr Hochzeitsgeschenk war ein gemeinsamer Konzertbesuch bei Umbria Jazz. Erste Station und erste Empfehlung: Carpi, Ristorante „Il Carducci“. Wir haben im Februar mitten in der Pandemie in Carpi geheiratet, Verträge unterzeichnen in einer anderen Provinz war erlaubt, einer der vorgesehenen Trauzeugen ist von Carpi – leider konnte er Corona-bedingt nicht dabei sein – und wir haben im Carducci zu fünft gegessen und „gefeiert“. Il Carducci ist sehr zu empfehlen, Cucina casalingha emiliana. Carpi kennen die wenigsten, wir vorher auch nicht, dabei hat Carpi einen der schönsten und vor allem größten Plätze Italiens.
Umbria Jazz ist eines der renommiertesten Jazz Festivals Europas. Der Abend war legendär, denn es war auch der Abend des EM-Finales. Die Organisatoren haben entsprechend reagiert und das Konzert um zwei Stunden vorverlegt, etwas gekürzt und das Finale mit eingebaut. Enrico Rava und Fred Hersh standen auf dem Programm und eine weitere Kombo mit Enrico Rava. Dann das Spiel, zu sehen auf den großen Bildschirmen von Umbria Jazz. SUPER Stimmung. Der Sieg Italiens hat die Konzertarena, eigentlich die ganze Stadt, zum Kochen gebracht, Italien und Europa und ich haben aufgeatmet. Um Mitternacht nach der ganzen Fußball-Sause ging es weiter mit dem Julian Lage Trio, was für ein großartiger Sound, was für ein großartiger Abend. Da wir noch einige Tage in Umbrien bleiben, gingen wir auch noch zum Konzert von Brad Mehldau und seinem Trio. Umbria Jazz in Perugia ist meine zweite Empfehlung.
Übernachtet haben wir im kleinen, feinen Eco Resort „Il Cantico della Natura“, in den Hügeln über dem Trasimeno See. Ruhig, einfach, sehr sympathisch, mit gutem Frühstücksbuffet und sehr guter lokaler Küche. Besonders zu empfehlen, wenn ihr auch gerne wandert und/oder mit dem Mountain- oder Enduro-Bike unterwegs seid. Dass außer uns kein Mensch wandernd unterwegs war, hat wohl mit der Jahreszeit zu tun, besser sind Frühling oder Herbst.
Ich war das letzte Mal mit 12, 13 in Umbrien, auf einer Reise mit meinen Eltern nach Rom, leider erinnere ich mich an wenig. Die vielen Kirchen und Plätze und Städte und Städtchen verschwimmen zu diffusen Erinnerungsfetzen. Da unsere Freunde umzugsbedingt wieder nach Bozen mussten, haben wir uns ein kleines Auto gemietet und kurvten herum. Besonders gefallen hat mir, dass Umbrien noch etwas rauher ist, einfacher, weniger touristisch aufgehübscht wie in der Zwischenzeit doch ein großer Teil der Toskana.
Städtisches Highlight und meine vierte Empfehlung ist Spoleto. Die Stadt ist wunderschön, sehr lebendig, hat Unesco Weltkulturerbe Status, liegt hoch oben in den südlichen umbrischen Hügeln und ist flott mit Rolltreppen erreichbar. Ein Cappuccino im „Caffè degli Artisti“, dann zum „Ponte delle Torri“, einem mittelalterlichen Aquädukt, und zum sehr schönen Dom. Außerdem gibt’s in Spoleto das „Festival dei Due Mondi”.
Weniger anziehend, ich bin ich nicht alleine mit dieser Einschätzung, ist der Trasimeno See und seine Seeorte. Etwas heruntergekommen, aber nicht stilvoll heruntergekommen, eher etwas traurig desolat. Und der See selbst macht auch keine Freude. Lauwarm, seicht und voller Wasserpflanzen. Er wird zwar lokal gerne gerühmt, aber nach einem ersten Besuch mit Badeeinlage, war´s das dann auch. Lieber was in den Hügeln unternehmen.
Schön und sehr gepflegt ist Orvieto mit seinem imposanten Dom und dem beeindruckenden Doppelhelix-Brunnen. Architektonisch schön auch Assisi, weniger schön aber atmosphärisch, weil offensichtlich zu viel religiöser Ballast und ausgerichtet auf Ausnehmen von gläubigen und nicht gläubigen Touristen. Ob der heilige Franz mit dem heutigen Assisi Freude hätte? Probably not.
Sehr hübsch der kleine Hauptplatz in Montefalco. Da der Sagrantino di Montefalco zu den Lieblingsweinen meines Mannes gehört, durfte die Strada del Sagrantino natürlich nichts links liegen gelassen werden. Sehr empfehlenswert sind die Sagrantino (Sagrantini in der Mehrzahl?) di Montefalco von Antonelli und von Arnaldo Caprai.
Was noch? Das beste Lokal in Perugia soll die „Osteria a Priori“ sein, ging sich leider nicht aus. Sehr nett das kleine Spezialitäten-Geschäft-Cafe „Daje“, wo man kleine, feine Sachen, vor allem Formaggi und Salumi, essen kann. Ja, und unbedingt ein handgemachtes Bacio probieren solltet ihr mal in Perugia sein, so gut die konfektionierten Baci sind, der Unterschied ist groß. Leider war es zu heiß, eine größere Menge mitzunehmen.
Und wie war eure Woche?
Yours,
Frau Susi
p.s Im Blog geht’s diese Woche um Sommer, den Klimawandel und um nachhaltige Sommer-Outfits.
p.p.s Da der Zug, wie gesagt unfallbedingt, einiges an Verspätung hatte, zum Abschluss noch eine Runde in Florenz.
Vielleicht lese ich Deine Artikel so gerne, dass ich eben noch „mehr“ davon will😉
Entschuldige, es ist aus Deinem Bericht und den Bildern ganz viel herauszulesen - was ich eben nochmals gemacht habe